Sunday 26 August 2012

english below. 

Sonntag, 26.8.

Gestern sind neue Aufnahmen für „Reloading Babel“ entstanden, diesmal mit Sansan, die aber teilweise sehr gut verständlich ist. Ich werde wohl zwei Abteilungen aufmachen müssen: a) neue deutsche Dialekte und b) nie gehörte Sprachen. 

Ich werde für ImproVoice das Gedicht Leerer Berg von Wang Wei auf Chinesisch lernen und die Version von Kammy vom Abendlied. Bei den Leidenschaften der Seele werde ich das Herzsutra auf chinesisch auswendig psalmodieren – hoffe ich jedenfalls, dass es mir gelingt!
Das Interesse an meiner Arbeit scheint relativ groß zu sein. Mich fragen immer wieder Leute, was ich denn da so mache mit Sounds. Für die SoundKunstSzene in Taipei scheint es schwer vorstellbar, dass ich nur mit meiner Stimme arbeite und so gut wie keine Technik benötige. Bin gespannt, ob die Leute zu meinen Aufführungen kommen werden.
Gestern eine Frau getroffen, die ebenfalls mit Stimme arbeitet und offenbar vor einigen Jahren ganz unwillkürlich in eine Trance gefallen ist, aus der heraus eine neue Stimme kam. Die versucht sie nun in ihre künstlerische Arbeit einzubauen. Sehr interessant.


Gestern war ich der Vernisage einer Ausstellung eingeladen, bei der es nur Sounds zu hören gab. Drei Künstler, ein Franzose namens Yannick Dauby und zwei Taiwaner Yen-Tin Hsu und Wan-Shuen Thai haben über Jahre Klänge der Region Chiayi auf Taiwan aufgenommen, ursprünglich für ein Klangarchiv, das vom Kulturamt der Region eingerichtet werden sollte. Das Projekt scheint erstmal gestoppt, aber das Material existiert und die drei haben einen kleinen Teil der Sounds für eine Ausstellung arrangiert. Das war ganz interessant, auch wenn ich nicht ganz überzeugt bin, dass es reicht, die Klänge in einer Galerie auf bestimmte Weise zu präsentieren, um aus dem dokumentierten Material Kunst zu machen. Unter www.kalerne.net kann man die Arbeit von Yannick Dauby kennenlernen. Dort soll es ab Oktober auch Ausschnitte aus dem Chiayi Sound Projekt zu hören geben. 

Am Abend eine Performance der taiwanischen Künstlerin Vera Chen im Treasure Hill Artist Village, der Dependance des Zentrums, in dem ich gerade wohne. Treasure Hill ist ein relativ ursprünglich erhaltenes Dorf an einem Hügel, das zu einem Kunstort ausgebaut wird, in dem aber weiter auch die so genannten normalen Leute leben können. Ein surrealer Ort, denn die Aussicht geht von diesem recht beschaulichen Dörfchen direkt auf mehrere Autobahntrassen. 
Dort hat Vera Chen eine Performance entwickelt, bei der 20 junge Schauspieler und Tänzer an verschiedenen Plätzen kleine Szenen spielen und die Zuschauer von einer Akkordeon spielenden Frau von einem Spielort zum nächsten geleitet wird. Das funktioniert sehr gut. Eine anregende Erfahrung für das nächste Stück von KörperSchafftKlang, das vielleicht ebenfalls als Parcours inszeniert werden soll. 
Danach konnte ich mich im TAVCafé ganz der hiesigen Eß- und Trinkkultur widmen: dort fand die Farewell-Party von drei Residenzkünstlern statt. Es ging ziemlich hoch her, Samstags ist das Café der Treffpunkt von europäischen und taiwanischen Leuten, die gerne Livemusik hören. Gestern spielte eine international besetzte Band Swing und Rock´n´Roll, ziemlich abgedreht. 



Yesterday I made new recordings for "Reloading Babel", this time with Sansan, who sometimes is very easy to understand. I'll probably have to open two sections: a) new German dialects and b) never heard languages. 
For the ImproVoice-concert  I will learn the poem Empty Mountain of Wang Wei in Chinese and the version of Kammy from Matthias Claudius´  Abendlied.
For the passions of the soul I will chant the Heart Sutra by heart (!) in Chinese - I at least hope that I succeed!
The interest in my work seems to be relatively large. People often ask me what I'm doing there so with sounds. For the sound art scene in Taipei, it seems hard to believe that I only work with my voice and almost no technical need. Let's see if the people will come to my performances.
Yesterday I met a woman, who also works with voice and a few years ago involuntarily fell into a trance, from which a new voice appeared. She is now trying to incorporate it into her artistic work. Very interesting.

Yesterday I was invited to the vernissage of an exhibition in which there were just sounds to listen to. Three artists, a Frenchman named Yannick Dauby and two Taiwanese Yen-Tin Hsu and Shuen Wan-Thai have recorded over the years sounds of the region Chiayi in Taiwan. Originally for a sound archive, which should be established by the Department of Culture of the Region. The project seems to be stopped now, but there is the material and the three have arranged a small part of the sounds for an exhibition. That was quite interesting, although I am not entirely convinced that it's enough to present the sounds in a gallery in a certain way to make art out of the documented material. Under www.kalerne.net one can get animpression about the work of Yannick Dauby. Starting in October there will be excerpts from the Chiayi sound project . 

At the evening I saw a performance of Taiwanese artist Chen Vera at Treasure Hill Artist Village, the dependence of the center, where I live now. Treasure Hill is a relatively original preserved village on a hill, which is going to developed to an art place in the next time but the so-called normal people should be able to stay there, too. A surreal place, because the view from this very quiet little village goes directly on several freeway routes. 
There Vera Chen has developed a performance in which 20 young actors and dancers at different places play little scenes. An accordion playing woman guided the audience from one venue to the next. The performance works very well. A stimulating experience for the next piece of KörperSchafftKlang that perhaps will also be staged as a parcours. 
Afterwards I could concentrate on the local eating and drinking culture in TAVCafé: there was the farewell party of three residential artists. It was a great party, Saturday is the café a kind of the meeting point of European and Taiwanese people who like to listen to live music. Yesterday, an international band played Swing and Rock ´n´ roll, pretty good. 

Friday 24 August 2012

(english below)
Freitag, 24.8.2012

Vorgestern habe ich einen abendlichen Tanzworkshop, der von Vangelis Legakis, einem jungen griechischen Tänzer und Performer geleitet wurde, besucht. (Was tut man nicht alles für die Kunst!) Vangelis hat es in kurzer Zeit geschafft, die Gruppe zum Tanzen zu bringen, auch diejenigen wie mich, die nicht jede Woche Kontaktimprovisation und freien Tanz auf dem Terminkalender stehen haben.
Ein paar gute Übungen für die Wahrnehmung im Raum und die verschiedenen Möglichkeiten des Kontakts in Bewegung mit den Tanzpartnern. Ich habe eine Übung mit einem taiwanischen Tänzer gemacht, die sehr eindrücklich war. Da gab es ein spontanes Einverständnis, das es uns erlaubt hat, sehr weit zu gehen (!), ohne den Faden zu verlieren. Gute Erfahrung.

Zur musikalischen Sammlung hat sich gestern eine CD eines französischen Akkordeonisten gesellt, der viele Jahre in Taipei gelebt hat und da NoMads-Ensemble gegründet hat, mit europäischen und taiwanischen Musikern. Dabei ist u.a. die CD Shantia Ditù herausgekommen: Ethno-Jazz könnte man das Ergebnis nennen, inspiriert von osteuropäischen Motiven, ohne darin stecken zu bleiben.

Gestern Abend die  Eröffnung der Ausstellung von Bibiana Crespo und Arantxa Echarte, zwei Residenzkünstlerinnen aus Spanien, die sich sozusagen die spezielle Ästhetik der Stadt Taipei angesehen haben, um ihre Eindrücke dann in Film, Photo und speziell angefertigte Gegenstände umzusetzen. Z.B. Wunschkärtchen aus Holz, wie es sie ähnlich im Konfuziustempel gibt, Barbiepuppen mit Kleidern aus traditionellen Stoffen der verschiedenen taiwanischen Volksgruppen. Auf dem Boden des Studios die verschiedenen Zeichen zur Lenkung von Fußgängern, Motorrollern, U-Bahn-Fahrgästen. Sehr gelungen Ausstellung.

Es scheint, als gäbe es nun einen festen Termin für meine Dao-Series No.2, nämlich den 18. und 19. September. Bin gespannt, ob es dabei bleibt. Außerdem soll ich am 27.9. einen Vortrag über Stimmkunst halten, so ganz klar ist allerdings noch nicht, worüber ich eigentlich sprechen soll. Eine taiwanesische Stimmkünstlerin will sich dann mit mir unterhalten. Bin gespannt, was dabei herauskommt.

Die ersten Aufnahmen für  mein Residenzprojekt "Reloading Babel" sind im Kasten. Sehr schöne poetische Versionen von verschiedenen Texten auf deutsch, gelesen von taiwanischen nicht deutsch sprechenden Leuten. Das wird eine sehr schöne Sammlung nie gehörter Sprachen. Einen Text will ich bei meinem ImproVoice- Konzert am 7.9. vortragen, die taiwanisierte Version von Mathias Claudius "Abendlied" (Der Mond ist aufgegangen).



Friday, 08/24/2012
The day before yesterday I went to a dance workshop led by Vangelis Legakis, a young Greek dancer and performer. (What does one not do for art!) Vangelis has managed in a short time to get the group to dance, even those like me who do not have weekly contact improvisation and free dance on the calendar. A few good exercises for the perception of the space and the different ways of contact on the move with the dance partners. I did an exercise with a Taiwanese dancer that was very impressive. There was a spontaneous agreement that allowed us to go very far (!), without losing the thread. Good experience.
The musical collection from here got a CD yesterday by a French accordionist, who lived for many years in Taipei and has since founded the NoMads Ensemble, with European and Taiwanese musicians. There CD is named Shantia Ditu: ethno-jazz one might call the result, inspired by Eastern motifs, without getting stuck in it.

Yesterday evening, there was the opening of the exhibition of Bibiana Crespo and Arantxa Echarte, two residence artists from Spain, who so to speak, esplored the special aesthetics of Taipei city and put their impressions then into film, photo and custom-made items. For example, request cards from wood, as they are found similar in the Confucius Temple, Barbie dolls with clothes from traditional fabrics of various Taiwanese ethnic groups. On the floor of the studio, the various signs to guide pedestrians, scooters, subway passengers. Very good exhibition.

It seems like there is now a date for my Dao-Series No.2, namely the 18th and 19 September. Let's see if it remains. Also, I am asked to give a lecture on voice art at 27/9, however, is not yet clear what I really should talk about. A Taiwanese vocal artist will then talk to me. Let's see what will happen.
First recordings for my residency project "Reloading Babel" are in the box. Very beautiful poetic versions of various texts in German, read by Taiwanese non-German speaking people. This will be a very nice collection unheard languages. I want to use one text in my ImproVoice concert at 7.9.: a taiwanese/german version of Matthias Claudius "Evening Song" (The moon has risen).

Sunday 19 August 2012

deutsch/english

Sonntag, 19.8.2012
Meine Ausbeute an musikalischen Neuentdeckungen (auf CD) wächst allmählich:- ein Sammlung mit historischer Musik für die Guqin, ein Instrument, das mindestens seit 3000 Jahren gespielt wird. Es ähnelt einer Zither, hat sieben Saiten, wird ausschließlich als Soloinstrument benutzt und hat einen sehr intimen, für meine Ohren typisch chinesischen Klang. Konfuzius soll Guqin gespielt haben. - eine CD mit Gesängen der Yami, einer Volksgruppe der taiwanischen Ureinwohner, die auf einer kleineren Insel leben. Die Yami nutzen keine Instrumente, sondern singen "nur". Sehr einfache Melodien, aber dann manchmal von einer zweiten Stimme dissonant begleitet. Sehr schön.- eine CD des taiwanischen Labels Kandala Records, die experimentelle, neue, improvisierte Musik veröffentlichen. Die Compilation heißt "Nothing but everything". Sehr interessant. website: http://kandalarecords.tw Es sieht nun alles danach aus, dass ich hier doch noch die Möglichkeit haben werde, eine Version meiner Dao-Series durchzuführen. Wann und wo genau, wird sich hoffentlich Anfang der Woche herausstellen. Meine Studien im altchinesischen und daoistischen Denken gehen weiter. Ich lese die Übersetzung von Edward James, die schon deshalb sehr ungewöhnlich und anregend ist, weil sie in "chinglish" verfasst wurde, also in einem dem Chinesischen angeglichenen Englisch, das rauh wirkt, aber dem Geist die Freiheit gibt, in der Deutung der Sprüche mitzuarbeiten. Die Versuche, jemanden zu finden, der mir die "Sechs heilenden Laute", eine alte chinesische Form des QiGung, beizubringen, laufen noch. 

My yield in musical discoveries (on CD) grows gradually:- a collection of historical music for the Guqin, an instrument that is played at least for 3,000 years. It is similar to a zither, has seven strings, is used exclusively as a solo instrument and has a very intimate, to my ears typical Chinese sound. Confucius has practised playing Guqin. - a CD of songs of the Yami, an ethnic group of Taiwanese aborigines, who live on a small island. The Yami use no instruments, but just sing. Very simple melodies, but then sometimes accompanied by a second dissonant voice. Very beautiful.
- a CD of the Taiwanese label  Kandala Records, that publish experimental, new and improvised music. The compilation is called "Nothing but everything". Very interesting. website: http://kandalarecords.tw 
It now look as if I am going to have the ability to perform a version of my Dao-Series here in Taipei. When and where exactly will turn out early in the week hopefully. 
My studies in the ancient Chinese and Taoist thoughts move on. I read the translation of Edward James, who is already very unusual and stimulating because it is written in "chinglish", ie in an english approximated to chinese, it sounds rough, but the spirit of the freedom in the interpretation of the text becomes wider. My attempts to find someone to teach me the "Six Healing Sounds", an ancient Chinese form of QiGung, are still going on. 


Tuesday 14 August 2012

german/english

Dienstag, 14. August,
Am Sonntag fand hier im TAVCafé ein Konzert mit Improvisierter Musik statt, bei dem vier MusikerInnen mitmachen: 
- ein sehr guter Pianist aus Taipei, der mit später eine CD geschenkt hat und den Chef eines independent labels, auf dem sie erschienen ist, vorstellte.
- eine Pipa-Spielerin von hier, die letztes Jahr ein Konzert in Köln und in Wuppertal gegeben hat, (Pipa ist ein traditionelles chinesisches Saiteninstrument, sieht ungefähr aus wie eine Gambe und eignet sich sehr für die Art von Musik, weil sie herrlich unromantisch klingen kann.), 
- eine aus den USA stammende Stimmkünstlerin und Cellistin Audrey Chen, deren Eltern Taiwaner sind und die jetzt mit ihrem deutschen Mann, als Drummer der vierte im Bunde, in Berlin lebt. Sie war gerade mit Phil Minton auf Tour. (ziemlich beeindruckend, was sie mit ihrer Stimme macht.)
Willkommen in der globalisierten Welt!

Außerdem habe ich jemanden kennengelernt, der sich seit Jahren mit dem DaoDeChing auseinandersetzt und selbst ein Buch darüber geschrieben hat. Er stammt aus Südafrika! James Edwards ist sein Name. Abgesehen davon, dass Laozhe offenbar von Ausländern viel mehr gelesen wird als von den Taiwanern selbst, ist es doch ein schöner Zufall, dass mein erster daoistischer Kontakt aus dem selben Land stammt wie Roy Hart.
Ich habe ihn am Sonntagmorgen hier in Taipei getroffen, gemeinsam mit der TAV-Mitarbeiterin, die mir den Kontakt verschafft hat und Frau und Tochter von James. Das war ein sehr anregendes und angenehmes Treffen. 
Die junge Frau, die hier arbeitet und mich eingeladen hat, James zu treffen, ist ebenfalls sehr interessiert am DAoDeChing, also es ist nicht so, dass die Grundlagen des Daoismus hier völlig vergessen wären. Als Religion, mit Tempeln und Zeremonien ist er sowieso sehr präsent. 


Tuesday 14 August,

on Sunday a concert took place here in TAVCafé with improvised music, with four musicians: 
- a very good pianist from Taipei, who later gave me a CD and introduced me to the head of an independent label, on which the CD appeared.
- a pipa player from here, who played concerts in Cologne and Wuppertal last year, (pipa is a traditional Chinese stringed instrument, looks roughly like a viola da gamba and is very suitable for the type of music because it sounds wonderfully unromantic). 
- voice artist and cellist Audrey Chen from the United States, whose parents are Taiwanese, who lives now with her German husband, a drummer, the fourth in the league, in Berlin. She was just on tour with Phil Minton. Quite impressive her voice.
Welcome to the globalized world!

I also got in contact with someone who works for years with the DaoDeChing and has even written a book about it. He is from South Africa! James Edwards his name. Apart from the fact that Laozhe is apparently read by foreigners much more than by the Taiwanese themselves, it's a happy coincidence that my first Daoist contact comes from the same country than Roy Hart.
I saw him (James not Roy) on Sunday morning here in Taipei, together with a TAV employee who made the contact and wife and daughter of James. That was a very stimulating and pleasant meeting. 
The young woman who works here and has invited me to meet James, is also very interested in DAoDeChing, so it's not that the roots of Daoism were here completely forgotten. As a religion, with temples and ceremonies it is very present anyway. 



Friday 10 August 2012

english below!
Freitag, 10. August.
Seit Dienstag bin ich in Taipei und versuche mich an diesem Ort, der zugleich sehr fremd und sehr bekannt zu sein scheint, einzuleben. In diesem Blog will ich aber niemanden mit touristischen Details langweilen, sondern mich auf die Sachen konzentrieren, die mit meinen künstlerischen Projekten zu tun haben
Heute mit ein paar Mitarbeiterinnen des TAV über verschiedene Details meiner Vorhaben gesprochen. Dabei hat sich herausgestellt, dass eine der jungen Frauen die I-Ging Hexagramme nicht kannte. Das hat zwar auch die Empörung ihrer Kolleginnen hervorgerufen, und doch ist es ein Indiz für die Ferne der altchinesischen Tradition im Leben und Denken der jungen taiwanischen Generation. Untergründig wirken die Traditionen natürlich weiter, aber ich könnte nicht sagen, dass ich schon etwas davon aufgespürt hätte. Bislang fällt mir (und den Künstlerkollegen, mit denen ich schon gesprochen habe) eher eine gewisse Unflexibilität auf, ein recht starkes Festhalten an Regeln. Nichts vom prozesshaften Denken, dass ich so anregend für die Stimmarbeit finde. Aber das kann ja noch kommen, ich habe auch noch nicht das Gefühl, die Stadt und das Land mit seinen Leuten schon verstanden zu haben. Wäre ja auch anmaßend nach ein paar Tagen.

Allmählich beginne ich mir Gedanken über meine verschiedenen Projekte und Auftritte zu machen. Die Idee, mit einem chinesischen Diktiersystem zu arbeiten, das (meine) chinesisch gesprochenen Texte verschriftlicht, scheint wenig Sinn zu machen. Denn die Texte, mit denen ich arbeiten wollte, sind in einem klassischen Chinesisch verfasst, das keine heutige Software verstehen würde. Der Sinn, der herauskommen würde, wäre nicht deshalb verzerrt, weil ich so schlecht chinesisch spreche, sondern weil die Laute im heutigen Chinesisch etwas ganz anderes bedeuten.
Die Frage ist nun, ob ich eine Version des DaoDeJing benutze, die ins zeitgemäße Chinesisch übersetzt wurde. Das ist halt nicht der Urtext, sondern schon eine Interpretation. Außerdem brauche ich dann eine Version in der PinYin-Umschrift, sonst kann ich sie nicht lesen.
Für mein ImproVoice Programm, das ich Anfang September spielen werde, wollte ich heute die chinesische Übersetzung für „Hier und Jetzt“ , womit ich ja meistens das Konzert beginne, finden. Mein online-dictionnary hat mir auch einen Begriff geliefert: DangChang. Es stellte sich aber heraus, das dieses Wort heute so gut wie nie gebraucht wird, weil es zu offiziell klingt. Außerdem kann es auch für Vergangenheitsformen benutzt werden, ist also herzlich ungeeignet für mich. Den Mitarbeiterinnen hier fiel es nicht leicht, eine gute chinesische Begrifflichkeit zu finden. Da ist offenbar mehr gefordert als eine einfache Wort für Wort-Übersetzung.

Angeschlossen an das TAV ist ein Café und eine Bar, in der es an fünf Abenden in der Woche Livemusik gibt, zum großen Teil Jazz und experimentelle Sachen, also ein Ort, den sich manche europäische Stadt wünschen würde. Gestern habe ich ein Konzert eines Jazz-Trios besucht, eine Pianistin und ein Bassist aus Taipei und ein Drummer aus England (?), junge Leute, die ziemlich gut waren. (www.tavcafe.com Die website existiert noch gar nicht, wie ich jetzt erfahren habe, Infos findet man auf der Facebookseite.) Der Laden wird geführt von einer taiwanischen Frau, die lange in den USA lebte und hier einen besonderen Ort geschaffen hat. 


Friday 10th of August.

Since Tuesday I'm in Taipei and try to get used to this place, that seems very strange and very well known to me at the same time. In this blog I don´t want to bore anyone with tourist details, but concentrate on the things that have to do with my artistic projects
Today I talked with a few employees of TAV on various details of my projects. It turned out that one of the young women dind´t know the I-Ching hexagrams. Although this provoked the outrage of her colleagues, it is yet an indication of the distance of the ancient Chinese tradition in the life and thought of the young generation of Taiwanese. Subliminally, the traditions surely continue, but I could not say that I have already found down some of them. So far, I find it (and fellow artist with whom I have already spoken) more of a certain inflexibility and a fairly strong reliance on rules. Nothing of the process-based thinking that I find so inspiring for the voice work. But it may still occur, I do not think that I already have understood the city and the country and its people. Would indeed be presumptuous after a few days.
Gradually, I begin to think on my various projects and performances. The idea of working with a Chinese dictation system, that would bring the Chinese spoken texts into a written form seems to make little sense. For the text, which I wanted to work with, are written in classical Chinese, which would not been understoodd by today's software. The change of meaning taking place in the process of transforming my talk into written words would not be biased because I speak Chinese so bad, but because the Chinese sounds would mean something very different in contemporary chinese.
The question now is whether I use a version of the Tao Te Ching, which was translated into modern Chinese. That's just not the original text, but already an interpretation. Also I need a version in the PinYin transcription, otherwise I can not read them.
For my ImproVoice program that I'm going to show in early September, I today was looking for a Chinese translation for "Here and Now," that often begins the concert. My online dictionnary has provided me an idea: DangChang. It turned out that this word isn´t used today very often, because it sounds too official. In addition, it can also be used for past tenses, and is therefore unsuitable for me. for the people here it was not easy to find a good Chinese terminology. There is obviously required more than a simple word for word translation. (Google should know that!)
TAV is connected to the coffee shop and bar, where for five nights a week there is live music, mostly jazz and experimental stuff, so a place that some European cities would like to have. Yesterday I visited a concert by a jazz trio, a pianist and a bassist from Taipei and a drummer from England (?), Young people who were pretty good. ( www.tavcafe.com This website doesn´t exist so far as I just heard, on facebook are some information.) The shop is run by a Taiwanese woman who lived long in the U.S. and has created a very special place.