Im Rahmen meiner Stimmklang-Installation "The Taipei Experience" gestern (8.11.) im Kölner Loft habe ich die dritte Version meiner "Dao Series" aufgeführt. Für die Installation wurden im Loft vier Sound-stationen und eine Videostation aufgebaut, an denen man Aufnahmen meiner Auftritte in Taipei und aufgenommene Klänge der Stadt hören konnte, außerdem einen Reloading Babel Text. An den Sound-Stationen hingen Texte zu den jeweiligen Performances und ein paar Fotos.
Für die Live-Performance hatte ich mir die Aufgabe gestellt, mich während der ganzen Phase an meine Zeit in Taipei zu erinnern und nach jedem Atemzug stimmlich wieder dort zu beginnen, wo ich mit dem letzten Ton aufgehört habe.
Um 20h ging es los und ich habe mir einen zeitlichen Rahmen von ungefähr anderthalb Stunden gesetzt. Mit Beginn des ersten Stimmklangs habe ich aber die Augen geschlossen und bis zum Ende nicht mehr aufgemacht. Ich hatte also keine Ahnung, wie lange ich dort sitze und töne. Als ich die Augen wieder öffnete um die Performance abzuschließen, dachte ich, es wär ungefähr eine Stunde verstrichen, tatsächlich waren fast zwei Stunden vergangen, fast doppelt so viel Zeit als ich vermutet habe.
Es gab ein paar sehr schöne und starke Feedbacks des Publikums, die darauf hindeuten, dass durch die Performance ein gemeinsamer Raum entstand, in dem es nicht um "Künstler" und "Publikum" ging, sondern um eine Situation, in die man miteinander eintauchen konnte. Ein Gast erzählte, dass in ihm sehr alte Erinnerungen aufgetaucht seien und er alte Wege gegangen sei. Ich bin selbst in der Erinnerung auch Wege durch Taipei gegangen. Es war auch die Rede von "intimer" Stimme und Stimmung, von "Tönen war so voller Lebensstärke , ohne Kraftaufwand und Machen". Also offenbar eine echt daoistische Performance, was mich natürlich sehr freut.
Und so sah es aus im Loft:
As part of my vocal sound installation "The Taipei Experience" yesterday (8.11) at the Loft in Cologne, I made the third version of my "Dao Series". For the installation in the loft I built four sound stations and a video station where one could hear recordings of my performances in Taipei and recorded sounds of the city - and a text from my project Reloading Babel. At the sound stations hung texts to the respective performances and a few photos.
For the live performance, I had set myself the task to remember during the whole phase my time in Taipei and vocally after each breath to start again there where I left off with the last note.
I started at 8 p.m. with a time frame set of about one and a half hour. Beginning with the first vocal sound, I had my eyes closed and didn´t open until the end. So I had no idea how long I sat there and sound. When I opened my eyes to end the performance, I thought one hour or so had passed, but infact it was nearly two hours, a lot more time than I thought.
There were some very beautiful and strong feedback from the audience, suggesting that the performance was a common area, not a set of "artist" and "audience", but a situation in which you could dive in. One guest told me that very old memories had appeared and that he went old paths. I myself walked routes through Taipei im my memory. There was also talk of "intimate" voice and mood of "tones was so full of life, strength, and not making an effort". Apparently a real Taoist performance, what makes me very happy.
This is how it looked in the Loft:
In diesem Blog werde ich Gedanken, Überlegungen und Informationen rund um meine Aktionen in Sachen Kunst zum Besten zu geben. Außerdem gibt es einiges zu älteren Aktionen, inklusive meinen Dao Series. In this Blog I will present thoughts, considerations and information about my work in the field of art. You find also some older material, including my Dao Series.
Friday 9 November 2012
Friday 28 September 2012
Vortrag/ lecture in Treasure HIll
Gestern hatte ich meinen letzten öffentlichen Auftritt in Taipei. Im Treasure Hill Artist Village, einer dependence des TAV habe ich einen Vortrag mit dem Titel "The art of the extended voice" gehalten.
Das war eine etwas merkwürdige Erfahrung. Alles rund um den Vortrag war klein, winzig. Ich hatte um Lautsprecher gebeten, um evtl. ein paar Klangbeispiele zu präsentieren. Die Lautsprecher waren winzig, sehr kleine Exemplare von den Tischlautsprechern, die man direkt an den Computer anschließen kann. Ich hab dann lieber selber was mit der Stimme gemacht (eine Option, die ich mir schon vorher überlegt hatte und sich als passender herausstellte).
Außerdem hatte ich nach einem Flipchart oder einer Tafel gefragt, um ein paar Namen und websites aufzuschreiben. Ich bekam eine kleine Schülertafel, wie wie ganz früher die Volksschüler hatten. Das Café, in dem der Vortrag stattfand, war ebenfalls sehr klein. Trotzdem war es ganz interessant. Im Publikum saß z.B. ein taiwanischer Stimmkünstler, der seit vielen Jahren mit dem DaoDeJing als Inspiration für seine Stimmaktionen arbeitet. Beruhigend zu wissen, dass nicht nur irgend so ein verrückter Europäer auf solche Ideen kommt.
Jetzt packe ich meine Sachen und fahre morgen zurück. Mehr über Stimme und Altchina dann aus Deutschland!
Yesterday I had my last public appearance in Taipei. In Treasure Hill Artist Village, a dependence of the TAV I gave a talk entitled "The art of the extended voice."
That was a rather odd experience. Everything about the presentation was small, tiny. I had asked for speakers to present possibly some sound samples. The speakers were tiny, very small specimens of the table speakers that you can connect directly to the computer. I then preferred presentig my voice live (an option that I had considered before).
Also, I had asked for a flip chart or blackboard to write down a few names and websites. I got a small student panel, such as those former pupil of the elementary school had. The café where the lecture took place was also very small. Still, it was quite interesting. In the audience was as a Taiwanese vocal artist who has worked for many years with the Daodejing as inspiration for his vocal actions. Reassuring to know that not only crazy Europeans like me come to such ideas.
Now I pack my things and go back tomorrow. More about voice and ancient China from Germany!
Das war eine etwas merkwürdige Erfahrung. Alles rund um den Vortrag war klein, winzig. Ich hatte um Lautsprecher gebeten, um evtl. ein paar Klangbeispiele zu präsentieren. Die Lautsprecher waren winzig, sehr kleine Exemplare von den Tischlautsprechern, die man direkt an den Computer anschließen kann. Ich hab dann lieber selber was mit der Stimme gemacht (eine Option, die ich mir schon vorher überlegt hatte und sich als passender herausstellte).
Außerdem hatte ich nach einem Flipchart oder einer Tafel gefragt, um ein paar Namen und websites aufzuschreiben. Ich bekam eine kleine Schülertafel, wie wie ganz früher die Volksschüler hatten. Das Café, in dem der Vortrag stattfand, war ebenfalls sehr klein. Trotzdem war es ganz interessant. Im Publikum saß z.B. ein taiwanischer Stimmkünstler, der seit vielen Jahren mit dem DaoDeJing als Inspiration für seine Stimmaktionen arbeitet. Beruhigend zu wissen, dass nicht nur irgend so ein verrückter Europäer auf solche Ideen kommt.
Jetzt packe ich meine Sachen und fahre morgen zurück. Mehr über Stimme und Altchina dann aus Deutschland!
Yesterday I had my last public appearance in Taipei. In Treasure Hill Artist Village, a dependence of the TAV I gave a talk entitled "The art of the extended voice."
That was a rather odd experience. Everything about the presentation was small, tiny. I had asked for speakers to present possibly some sound samples. The speakers were tiny, very small specimens of the table speakers that you can connect directly to the computer. I then preferred presentig my voice live (an option that I had considered before).
Also, I had asked for a flip chart or blackboard to write down a few names and websites. I got a small student panel, such as those former pupil of the elementary school had. The café where the lecture took place was also very small. Still, it was quite interesting. In the audience was as a Taiwanese vocal artist who has worked for many years with the Daodejing as inspiration for his vocal actions. Reassuring to know that not only crazy Europeans like me come to such ideas.
Now I pack my things and go back tomorrow. More about voice and ancient China from Germany!
Tuesday 25 September 2012
Jam session und Blues
Ich war Montag Nachmittag bei der Probe von den Jazz-Musikern, die
mich eingeladen hatten. Darunter der Pianist Lee Shih-Yang und Klaus Bru, ein Musiker (Saxophonist), der lange in
Taipei gelebt hat und jetzt wieder in Wien ist. Dazu zwei taiwanische Musiker mit traditionellen
Instrumenten, GuQin (eine Zither) und ein Blasinstrument, das wie eine Taschenorgel aussieht,
sehr schöner Klang und sehr passend für Improvisierte Musik, heißt Shen oder so). Ab und zu kann es Spaß machen,
mit anderen Musikern zu spielen....
Sonntag Abend bin ich noch zum
Bluesfestival, das hier im TAVCafé stattfand, gegangen. Mir blieb gar nichts anderes übrig. Bis Mitternacht
hätte ich in meinem Zimmer sowieso keine Ruhe gehabt. Vom frühen Nachmittag bis zum späten Abend spielten hier Bluesbands aus Taiwan und anderen Ecken der Welt. Die letzte Band war aus Polen,
zwei Frauen, die richtig guten Blues gespielt haben. Ich hab mir eine CD von
ihnen gekauft. Magda Piskorczyk. Sehr gute Stimme mit ein paar ungewöhnlichen
Klangräumen, sehr tief, sehr hoch, richtig extended voice. Und mit dem schönen
laid back-Gefühl, das zum Blues gehört.
Monday afternoon I was at the rehearsal of the jazz musicians who had invited me. Including the pianist Lee Shih-yang and Klaus Bru, a musician (saxophonist) who has lived in Taipei and is now back in Vienna. And two Taiwanese musicians with traditional instruments, guqin (a kind of zither) and a wind instrument that looks like a pocket organ, very nice sound, and very suitable for improvised music (named Shen or so) Sometimes it can be fun to play with other musicians ....Sunday evening I went to the blues festival, which took place here in TAVCafé. I had no choice anyway. Until midnight I wouldn´t have a quiet moment in my room. From early afternoon to late evening blues bands from Taiwan and other parts of the world were playing. The last band was from Poland, two women with really good blues. I've bought a CD from them. Magda Piskorczyk. Very good voice with a few unusual sounds, very deep, very high, properly extended voice. And with the lovely laid back feeling that belongs to the Blues.
Monday afternoon I was at the rehearsal of the jazz musicians who had invited me. Including the pianist Lee Shih-yang and Klaus Bru, a musician (saxophonist) who has lived in Taipei and is now back in Vienna. And two Taiwanese musicians with traditional instruments, guqin (a kind of zither) and a wind instrument that looks like a pocket organ, very nice sound, and very suitable for improvised music (named Shen or so) Sometimes it can be fun to play with other musicians ....Sunday evening I went to the blues festival, which took place here in TAVCafé. I had no choice anyway. Until midnight I wouldn´t have a quiet moment in my room. From early afternoon to late evening blues bands from Taiwan and other parts of the world were playing. The last band was from Poland, two women with really good blues. I've bought a CD from them. Magda Piskorczyk. Very good voice with a few unusual sounds, very deep, very high, properly extended voice. And with the lovely laid back feeling that belongs to the Blues.
Thursday 20 September 2012
Bericht/Report Dao Series
Die Dao Series No.2 sind vorbei. Zwei ungewöhnliche Tage - jedenfalls für mich - mit ein paar ungewöhnlichen Stimmklängen. Hier kann ich wie immer nur optische Eindrücke liefern. Die Wände des Barry Rooms habe ich mit 81 Übersetzungen (englisch und deutsch) von fünf ausgewählten Kapiteln des DaoDeJing behängt. Damit wollte ich in erster Linie die Energie in dem Raum verstärken. Das ist auch gelungen, es fühlte sich wirklich anders an dort. Außerdem war die Verbindung von Stimme und Text offenbar für die Zuhörer sehr inspirierend:
The Dao Series No.2 are over. Two unusual days - at least for me - with a few unusual vocal sounds. Here, as always, I can only provide visual impressions. The walls of the Barry Rooms I hung with 81 translations (English and German) of five selected chapters of the Daodejing. Primarily I wanted to increase the energy in the room. This worked so far, it felt really different there. In addition, the combination of voice and text for the audience was obviously very inspiring:
Monday 17 September 2012
"Voice without colour" english
Before I am going to dive into my "Dao Series No2", here an article that I will give to the visitors of my Performance as a kind of programme, in german, english and chinese (mandarin).
Ralf Peters
Voice without colour. Voice without name[1].
Most people in the so-called West would probably agree
that a work of art or a performance should never be one thing: boring and
bland. The same applies perhaps even more for a meal, a drink, actually for any
form of sensory perception, which has a (pleasant, beneficial) effect on
people.
In China, more precisely in ancient Chinese thought, one holds a
different view. Here the bland curiously has absolutely positive connotations.
A Taoist basic setting would include the blandness at different levels in life.
Thus we read in the Tao Te Ching of Lao Tzu:
When music and dainty dishes are offered,
The passers-by stop.
Tao, when it is uttered by the mouth,
Is so bland it has no flavor.
When looked at, it is not enough to be seen.
When listened to, it is not enough to be heard,
When used, it is inexhaustible[2].
Why the idea of blandness should interest or even
attract me as a voice artist? Is the Extended Voice art not just the opposite
of bland art, as it tries to open the voice in the artistic expression to as
many facets as possible, to increase the diversity pointing to the immeasurable
and doing so trying to make the experience of the audience exciting, unusual
and impressive? The bland, however, has no facets, no prominent features. A
bland food tastes like nothing, is not seasoned and has no characteristic taste.
So what might be desirable or attractive in a bland voice? My guess, that I would try to ascertain here, is to find
that in the bland absence of character lies a form of (vocal) freedom. We will
see, what that might mean.
European philosophy, especially Hegel, attest
Confucius, who has shaped Chinese culture most sustainable, a thinking that
does not seem to go beyond the quality of better calendar sayings. Since there
is no original theory, no new way of reflection and certainly no bold metaphysical
speculation. The short sayings that Confucius usually utters remain often
bland. The expectations of a major thinker like Hegel are undermined
systematically. But the size of a sage like Confucius can not be simply denied.
Just with calendar spells you wouldn’t be able to influence fundamentally one of the great
cultures of mankind for thousands of years. What is it that Hegel did not
understand there? What did the European philosopher fail to notice here?
A
satisfactory answer to this question would also be a comprehensive comparative
study of European and Chinese thought.[3]
In our context (of the vocal arts), one aspect of this difference in thinking
is particularly relevant. European philosophers are (were?) thinkers of the general and universal, that
should be formulated in clear and distinct statements and theories. Task of the
philosophical reader or listener is to follow the train of thought as closely
as possible in their own intellect (to identify the truth). In contrast to this
the Chinese sage is a thinker of the situation, giving his evidence in often
inconspicuous allusions that leave much open. And it is precisely this
openness, that the reader is invited to use, to relate the evidences to his own
situation and draw a lesson from it. Reading a work of chinese thinking is
therefore quite different from a Western philosophical lecture. This is perhaps
even more significant concerning another culturally influential thinker of
China, with Lao Tzu, (probable) author of the Tao Te Ching, a taoistic work
which, however, seems at least to Western readers anything but bland, but
rather exerts a peculiar charm. Trying to read the Tao Te Ching as a
philosophical wisdom book of general truths misses completely the point.
Since there are no universal truths, but phrases and
sayings that only in the current situational application develop their
tremendous power and impact.[4]
What has all this to do with blandness? In taoist
thinking blandness is the foundation of reality, or rather, in the words of
Jullien, the “fonds” or the potential from which the world may appear with all
its inherent features. The “fonds” is bland, because it is before all
determining. Each flavor is set up, it can only be what it is and at the same
time point to its opposite. The bland as the tasteless but keeps the space of
possible tastes open. Because there is no definition yet, anything is possible.
Therefore "the sage tastes what is without taste", as he "acts
what is without action and does what is without a business"[5].
The basic polarity of the world, today on global
level signified by the cipher of yin/yang, this polarity leads "by
itself" from the tastelessness to tasty. There is nothing to do, because
the blandness has in itself the tendency to turn to its other pole. These processes
running “by itself”, are one of the major themes of Chinese wisdom teaching. It
is the traditional Chinese concept of “ziran”.
The more I "taste" the blandness that has
not (yet) developed individual characteristics, the better I am able to see in
which direction the blandness will develop in this situation. This propensity
of the blandness is what I can follow
and harness for me, without the need to act or block the natural course of
things.
If I, as a vocal artist, try to transfer this process-orientated
logic to my voice, it would be a matter of draining the voice of any
characteristic, interesting or even original sounds and tones and then to
listen from this place of “no name” where the voice by itself wants to go from
there. The search for the blandness in the voice would be the search for a high
degree of openness of the voice for all its potentials. It also includes a
training of the ear towards an openness that is able to notice when the voice
wants to move out of the “no name” situation. On the bland path, voice and
hearing are to be freed of individual needs, preferences and habits. The
personality is invited to have a rest and let the open vocal field (Stimmfeld)
decide.
My Dao-Series are an attempt to approach this
process-orientated vocal logic of the bland.
In Chinese, the word dan means both blandness and inner detachment, for as
Jullien points out, "the perceived blandness in things corresponds the
ability to inner detachment", the "taste binds us, the insipidity
resolves us"[6].
Detachment from one's own preferences, habits, and perhaps fears via the detour
of blandness - with this Daoist promise there is a way open to the vocal artist
to allow the voice to move, to give her the freedom to follow her own (in
taoist words: the natural) propensities and act them out. The blandness is the
internal situation that offers all the vocal possibilities and maintains a
connection, which presents the basis on which the extremes might communicate
with each other. In my terminology: The
blandness is the primary colour of the open voice field. Here the voice is with
herself. If I manage to move my voice into blandness, "everything" is
possible from there.
Slow rhythm, relaxed playing:
In the dead of night a simple melody.
It penetrates into the ear, bland, and tasteless;
The heart is calm, the emotions quiet in themselves.[7]
Yet in another respect the blandness is relevant for
the artistic voice. So far we spoke of the blandness as a condition that will
allow the voice its free movement throughout the whole voice field[8].
(But the musical tradition in China, has attributed a positive value to the
bland sound itself. Not the loudest sound is the most effective, they say, but
the one that generates the strongest (inner) Echo. Echo needs silence, and the
closer the musically produced sounds and silence are interwoven, the stronger
the effect of my music will be. Not exploitation of the sound to the utmost[9],
but leaving space for an echo in the mind of the listener is the goal of the
music.
The idea of this kind of echo is of unique charm to
the vocal art. In listening to another voice I will always hear my own voice.
The voice is the "instrument" all humans carry within them. With all
individual differences in vocal tone, there is a common fund, there is the
knowledge and sometimes just the idea that the sounds that I'm listening to,
could emerge from myself, could be part
of my voice that could be alive in me. The space of the inner echo will enable
me to dive into this memory and inspiration. The blandness seems like a
friendly invitation to enter this common space. In the effortless voice, in the
not yet artistically formed vocal sound we find “ourselves”. And there is
another aspect that is central for the voice approach of Roy Hart. The human
voice is never just a mere acoustic phenomena, neither for the singer nor for
the listener. The voice is always connected to an inner situation, to an
atmosphere (the german word is Stimmung that includes the word Stimme for
voice). The voice is part of this atmosphere, the part that is able to
communicate with the outer situation. As an audible voice she meets the
listening of another person, who is able to include this voice into his own
atmosphere (Stimmung) and let it influence the inner situation. The arising
atmosphere in the listener is not necessarily the same that is effective in the
singer but the space for the touch of the inner situation will be opened by the
voice – and made perfect by the silence – one could add from a chinese
perspective. To bring this inner feeling alive and keep it alive is the very
aim of the chinese musical tradion. To fulfill this aim it is sometimes not
even necessary to make a sound at all.
“Dian let pass the sound of his lyre,
Zhao abstained from playing the strings:
In all this is a tune, you can sing
and dance to. "
says a poem of Su Dongpo[10].
There are different approaches to bring the blandness
or the voice with “no name” into the extended voice art. My “Dao Series No.2”
will devote itself to this subject.
[1]
These thoughts about the blandness/tastelessness in
the Extended Voice, are closely aligned to Francois Jullien's book "Über
das Fade – eine Eloge" Berlin 1999, original: Eloge de la Fadeur, Arles,
1990.
[4]
Therefore,
there are, as James Edwards says no “wrong” translations of the book of the Way
and the Power. Each translation represents for itself a situationally embossed
effect of the Tao Te Ching. Edwards therefore encourages everybody to make
their own translation, instead of relying on others! See: James Edwards: The
Immortal Idiot. An eternal notebook. Hsinchu 2012!
[7]
Bo
Juyi, a Chinese poet of the 8./9. century, cit. by Jullien, p.91
[8]
By
the way: These are of course all conjectures on my part, which serve as working
hypotheses for my Dao-Series. Whether they will be confirmed in the artistic
process has to be proved every time. I'm not looking for the "truth"
of the bland, but for a vocal liberation.
"Das Fade in der Stimme" deutsch
Bevor ich ich in die heiße Phase meiner "Dao Series No.2" verabschiede, hier noch etwas Lesestoff! Diesen Artikel werde ich den Besuchern meiner Performance als eine Art Programmheft zu lesen geben, in deutsch, englisch und chinesisch (Mandarin):
Ralf Peters
Das Fade in der Stimme[1]
Die meisten Leute im so genannten Westen würden
wahrscheinlich darin übereinstimmen, dass ein Kunstwerk oder eine Aufführung
eines nicht sein sollte: fade. Das gleiche gilt vielleicht noch mehr für ein
Essen, ein Getränk, eigentlich für jede Form der sinnlichen Wahrnehmung, die
als solche eine (angenehme, förderliche) Wirkung auf den Menschen haben soll.
In China, genauer im altchinesischen Denken, sieht die Sache
etwas anders aus. Hier ist das Fade merkwürdigerweise absolut positiv
konnotiert. Zu einer taoistischen Grundeinstellung etwa würde es gehören, die
Fadheit auf verschiedenen Ebenen ins Leben zu lassen.
So heißt es im TaoTeKing des Laotse:
„Musik und gute Speisen
halten Fremde an, die vorüberreisen.
Wenn das Tao durch den Mund geht,
ist es fade und ohne Geschmack.
Man kann es nicht sehen;
Man kann es nicht hören;
Und doch ist es unerschöpflich.“ [2]
Was soll mich als Stimmkünstler an dieser Idee des Faden
interessieren oder gar reizen? Ist die Extended Voice Kunst nicht genau das
Gegenteil einer faden Kunst, versucht sie doch, so viele Facetten der Stimme in
den künstlerischen Ausdruck zu bringen wie irgend möglich, die Vielfalt also in
Richtung des Unermeßlichen zu erweitern und so die Erfahrung des Publikums
aufregend, ungewöhnlich und eindrucksvoll zu gestalten? Das Fade dagegen hat
keine Facetten, keine hervorstechenden Eigenschaften. Ein fades Essen schmeckt
nach nichts, ist nicht gewürzt und besitzt keinen charakteristischen
Eigengeschmack. Was sollte also an einer faden Stimme erstrebenswert oder
reizvoll sein? Meine Vermutung, der ich hier auf den Grund gehen will, erahnt
in der faden Eigenschaftslosigkeit eine besondere Form von (stimmlicher)
Freiheit. Wir werden noch sehen, was damit gemeint sein könnte.
In der europäischen Philosophie, namentlich von Hegel, wurde
Konfuzius, der die chinesische Kultur am nachhaltigsten geprägt hat, ein Denken
attestiert, das nicht über die Qualität besserer Kalendersprüche hinauszugehen
scheint. Da gibt es keine originelle Theorie, da wird nicht neu gedacht und
erst recht keine metaphysische Spekulation gewagt. Was Konfuzius in seinen
meistens kurzen Aussprüchen von sich gibt, bleibt oft fade. Die Erwartungen
eines Großdenkers wie Hegel werden systematisch unterlaufen. Aber die Größe
eines Weisen wie Konfuzius kann man nicht einfach bestreiten, mit
Kalendersprüchen prägt man nicht über Jahrtausende eine der großen Kulturen der
Menschheit. Was hat Hegel da nicht verstanden? Was ist ihm, dem europäischen
Philosophen, entgangen?
Eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage wäre zugleich
eine umfassende komparative Studie zum europäischen und chinesischen Denken[3].
Für unseren Zusammenhang (der Stimmkunst) ist ein Aspekt dieses Unterschieds im
Denken besonders relevant. Der europäische Philosoph ist (war?) ein Denker des
Allgemeinen, das in klaren und distinkten Aussagen und Theorien formuliert ist.
Aufgabe des Lesers oder Zuhörers ist es, die philosophischen Gebäude so genau
wie möglich im eigenen Intellekt nachzuvollziehen (und ihre Wahrheit zu
erkennen). Der chinesische Weise dagegen ist ein Denker des Situativen, der
seine Hinweise in oft unscheinbaren Anspielungen gibt, die vieles offen lassen.
Und genau diese Offenheit ist es, die der Leser zu nutzen aufgefordert ist, um
die Hinweise wiederum auf seine Situation zu beziehen und die Lehre daraus zu
ziehen. Die Arbeit des Lesers chinesischer Werke ist daher ganz anders gelagert
als die einer westlich-philosophischen Lektüre. Das wird vielleicht noch
deutlicher bei einem anderen kulturprägenden Denker Chinas, bei Laotse, dem
(wahrscheinlichem) Verfasser des TaoTeKing, einem Werk, das allerdings
zumindest auf westliche Leser alles andere als fade wirkt, sondern im Gegenteil
einen eigentümlichen Reiz ausübt. Der Versuch, das TaoTeKing als ein
philosophisches Weisheitsbuch voller allgemeiner Wahrheiten zu lesen, geht
völlig am Eigentlichen vorbei. Da gibt es keine allgemeinen Wahrheiten,
sondern Sätze und Sprüche, die erst in der aktuellen situativen Anwendung ihre
ungeheure Kraft und Wirkung entfalten[4].
Was hat dies alles mit Fadheit zu tun? Fadheit stellt im
Taoismus das Fundament der Realität dar, oder besser, in den Worten Julliens,
den Fonds, aus dem sich die Welt mit all ihren charakteristischen Eigenheiten
erheben kann. Der Fonds ist fade, weil er noch vor aller Festlegung ist. Jeder
Geschmack ist auf sich festgelegt, er kann nur sein, was er ist und zugleich
auf sein Gegenteil verweisen. Das Fade als das Geschmacklose aber hält den Raum
möglicher Geschmäcker ganz offen. Weil es keine Festlegung gibt, ist noch alles
möglich. Deshalb „schmeckt der Weise, was ohne Geschmack ist“, so wie er „tut,
was ohne Tun ist und schafft, was ohne Geschäft ist“[5].
Die grundlegende Polarität der Welt, für die heute sozusagen
global-folkloristisch das Yin/Yang
als Chiffre fungiert, diese Polarität führt „von selbst“ vom Faden zum
Geschmackvollen. Da gibt es nichts zu tun, denn das Fade besitzt in sich die
Neigung zu seinem anderen Pol. Diese von selbst ablaufenden Prozesse, für die
im klassischen Chinesisch der Begriff ziran
steht, sind eines der großen Themen der chinesischen Weisheitslehre. Je genauer
ich die Fadheit, die (noch) keine individuelle Charakteristik besitzt,
„schmecken“ kann, umso besser kann ich erkennen, wohin oder zu welchem
Geschmack sich das Fade in dieser Situation entwickeln will. Dieser Neigung des
Faden kann ich folgen und sie für mich nutzbar machen, ohne handelnd, d.h. den
natürlichen Lauf der Dinge ändernd, eingreifen zu müssen.
Wenn ich als Stimmkünstler versuche, diese Prozesslogik auf meine
Stimme zu übertragen, wird es darum gehen, die Stimme von allen
charakteristischen, interessanten oder gar originellen Klängen und Tönen zu
entleeren und dann von diesem Ort des Faden aus nachzuhorchen, wohin die Stimme
sich von selbst entwickeln will. Die Suche nach dem Faden in der Stimme wäre
also die Suche nach einer großen Offenheit der Stimme für all ihre Potentiale
und zugleich die Schulung des Gehörs hin zu einer Offenheit, die bemerkt, wohin
die Stimme sich aus dem Faden heraus bewegen will. Stimme und Gehör sollen auf
dem faden Weg befreit werden von individuellen Wünschen, Vorlieben und
Gewohnheiten, die Persönlichkeit darf ausruhen und dem offenen Stimmfeld die
Regie überlassen.
Meine Dao-Series sind der Versuch, mich dieser stimmlichen
Prozesslogik des Faden anzunähern.
Im Chinesischen bedeutet das Wort dan sowohl Fadheit als auch innere Loslösung, denn, wie Jullien
ausführt, „der in den Dingen empfundenen Fadheit entspricht die Fähigkeit zur
inneren Loslösung“, der „Geschmack fesselt uns, die Fadheit löst uns los“[6].
Loslösung von den eigenen Vorlieben, Gewohnheiten und vielleicht auch Ängsten
über den Umweg der Fadheit - mit diesem daoistischen Versprechen eröffnet sich
dem Stimmkünstler ein Weg, die Stimme gewähren zu lassen, ihr die Freiheit zu
erlauben, den eigenen (daoistisch formuliert: den natürlichen) Neigungen zu
folgen und sie auszuleben. Die Fadheit ist dabei die innere Situation, die alle
stimmlichen Möglichkeiten eröffnet und miteinander in Verbindung hält, die die
Grundlage darbietet, auf der auch die Extreme miteinander kommunizieren könne. In
meiner Terminologie gesagt: Die Fadheit ist die Grundfarbe des offenen
Stimmfeldes. Hier ist die Stimme bei sich. Wenn es mir gelingt, meine Stimme in
die Fadheit zu bewegen, ist von dort aus
„alles“ möglich.
Langsamer Rhythmus,
entspanntes Spiel:
In tiefer Nacht eine
einfache Melodie.
Sie dringt ins Ohr, fade,
und ohne Geschmack;
Das Herz ist ruhig, die
Gefühle ganz bei sich.[7]
Noch in einer anderen Hinsicht ist das Fade stimmkünstlerisch
von Belang. Bisher war von der Fadheit als einer Voraussetzung die Rede, die
der Stimme die freie Bewegung auf dem ganzen Stimmfeld ermöglichen kann.[8]
Doch die musikalische Tradition in China hat dem faden Klang selbst durchaus
einen positiven Wert zugeschrieben. Nicht der lauteste Klang ist der
wirkungsvollste, heißt es da, sondern derjenige, der den stärksten Nachklang
erzeugt. Nachklang benötigt Stille, und je enger die musikalisch erzeugten Klängen
und die Stille verwoben sind, um so stärker wird die Wirkung meiner Musik sein.
Nicht Ausbeutung des Klanges bis zum letzten[9],
sondern Raum schaffen für einen Nachklang im Bewußtsein des Hörers ist das Ziel
der Musik.
Die Idee des Nachklanges ist für die Stimmkunst überaus
reizvoll. Denn im Zuhören einer anderen Stimme werde ich immer auch meine
eigene Stimme hören. Die Stimme ist das „Instrument“, das alle Menschen in sich
tragen. Bei aller individuellen Unterschiedlichkeit im Stimmklang gibt es einen
gemeinsamen Fonds, gibt es das Wissen und manchmal auch nur die Ahnung, dass
die Klänge, die ich gerade höre, auch aus mir kommen könnten, Teil meiner
Stimme sind und in ihr lebendig werden könnten. Der Raum des Nachklanges wird
mir erleichtern, in diese Erinnerung und Anregung einzutauchen. Die Fadheit
wirkt dabei wie eine freundliche Einladung, diesen gemeinsamen Raum zu
betreten. Denn im anstrengungslosen, faden, künstlerisch noch ungeformten
Stimmklang finden wir uns am ehesten wieder. Dazu kommt ein weiterer Aspekt,
der in der Roy Hart Stimmentwicklung im Zentrum steht: Die menschliche Stimme
ist weder beim Singenden noch beim Zuhörenden je ein rein klangliches Phänomen.
Die Stimme ist verbunden mit einer inneren Situation, einer Stimmung, genauer gesagt
ist sie Teil dieser Stimmung, der Teil, der in Kommunikation mit der äußeren
Situation und Stimmung treten kann[10].
Als hörbare Stimme trifft sie auf das Gehör eines anderen, der die Stimme in
die eigene Stimmung einfließen lassen kann, die, dadurch beeinflusst, eine neue
Farbe annimmt. Da muss nicht notwendigerweise im Zuhörenden dieselbe Stimmung
entstehen wie beim Tönenden, aber der Raum für diese Berührung der inneren
Situationen wird von der Stimme geöffnet – und von der Stille vervollkommnet,
könnte man aus chinesischer Perspektive hinzufügen. Diese „innere Empfindung“
lebendig zu machen und zu halten ist für die chinesische musikalische Tradition
das Anzustrebende. Dafür muss es nicht einmal notwendig sein, überhaupt einen
Ton zu erzeugen.
„Dian ließ den Ton seiner
Zither vergehen,
Zhao enthielt sich des
Saitenspiels:
In all dem ist eine
Melodie, die man singen
und nach der man tanzen
kann.“
heißt es in einem Gedicht von Su Dongpo[11].
Es gibt also verschiedene Ansatzpunkte, um das Fade in die
Extended Voice einzubringen. Die „Dao Series No. 2“ am 18. und 19. September im
TAV widmen sich diesem Thema.
[1]
Diese Gedanken zum Faden in der
Extended Voice orientieren sich stark an Francois Julliens Buch „Über das Fade
– eine Eloge“. Berlin 1999, original: Eloge de la Fadeur, Arles 1990
[2]
zitiert nach Jullien in der Übersetzung
von Günter Debon.
[3]
Francois Jullien hat diese Arbeit
geleistet und ich kann hier nur dazu ermuntern, seine Bücher zu lesen.
[4]
Deshalb gibt es, wie der
südafrikanische Taoismusforscher James Edwards sagt, auch keine „falschen“
Übersetzungen des Buches des Wegs und der Wirkung. Jede Übersetzung stellt
selbst eine situativ geprägte Wirkung des TaoTeKing dar. Edwards ruft deshalb
dazu auf, seine eigene Übersetzung anzufertigen, statt sich (nur) auf andere zu
verlassen! Vgl. James Edwards: The Immortal Idiot. An eternal notebook, Hsinchu
2012
[5]
Jullien, S. 33
[6]
Jullien, S. 35f.
[7] Bo Juyi, ein chinesischer
Dichter des 8./9. Jahrhunderts, zitiern nach Jullien S.91
[8]
Nebenbei: Das sind natürlich alles
Vermutungen meinerseits, die mir als Arbeitshypothesen u.a. für die Dao-Series
dienen. Ob sie sich im künstlerischen Prozess bestätigen, wird sich jedes Mal
neu erweisen müssen. Ich suche nicht nach der „Wahrheit“ des Faden, sondern
nach Wegen der Stimmbefreiung.
[9]
vgl. Jullien, S. 67!
[10]
Sie ist nicht der einzige Teil, auch
der Körper kann diese Kommunikation beginnen, ebenso wie der Geist, wenn er
z.B. mit Hilfe der Hand etwas aufschreibt.
[11]
zitiert nach Jullien, S. 81
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