Monday 21 May 2012

21.5.2012
Bericht der ersten Dao Series,
durchgeführt vom 18. bis 20. Mai 2012 in der Eifel und in Köln:

Die drei Tage habe ich zu einem großen Teil in einem Waldstück in der Eifel verbracht, in der Gegend zwischen Neroth und Mürlenbach.
Am Morgen jeden Tages habe ich ein I-Ging geworfen, um mir für den Tag ein Thema mit auf den Weg zu geben, mit der selbstgesetzten Aufgabe, das jeweilige "Urteil" und "Bild" ernst zu nehmen.  Ich habe die Übersetzung von Richard Wilhelm benutzt.
1. Tag: 39. GIEN: Das Hemmnis.
ein wichtiger Satz besagt, dass die Hemmnisse, die sich mir zeigen werden, auf mein Inneres verweisen, (also in der Stimme ihren Ausdruck finden könnten).
Hemmnisse:
-  (im Vorfeld) erfolglose Suche nach einem Hotelzimmer in der Eifel.
- vorgefertigte Erwartungen über die Stimmungen/Stimmen, denen ich begegnen werde und der Drang, mich darauf vorbereitend einzustimmen.
- das Wetter (kalt/nass)
- fehlende Wege, fehlende Orientierung.

Bilanz:
- 11h bis 20.30h im Wald, davon ca. zweieinhalb Stunden stehend/sitzend, ca. sieben Stunden wandernd. Es war zu kalt, um länger an einem Ort zu verweilen. Da ich mich verlaufen habe, war die Wanderung zwei Stunden länger als geplant! Der Plan als (während der gesamten Performance erfolgloser) Gegenentwurf gegen das daoistische Entstehenlassen.
Insgesamt fünf Stunden Stimme aktiv, mit zunehmender Erschöpfung tiefer, offener.
Die "chinesischen" Themen Umweg und Umkreisung statt direktem Anzielen drängten sich in ironischer Färbung ins Licht.


2. Tag: 24. FU: Die Wiederkehr, die Wendezeit. Mit der 6 auf höchstem Platz.

Das I-Ging hat mir deutlich gemacht, dass ich so nicht weitermachen sollte. Dampf raus, weniger wandern, das "junge Yang" braucht Ruhe, um wachsen zu können.

Bilanz:
- 12h bis 19h im Wald, davon zweieinhalb Stunden spaziert, den Rest gesessen und gestanden. Ca. vier Stunden getönt, sehr kleine, intime Stimme, kein Impuls, laut werden zu wollen - trotz des Gefühls von Weite während der Stunden, die ich allein im Wald verbracht habe. Erinnerung an meine Heimatregion Eifel und den Dialekt dort. Außerdem "nature boy" als song.
Waldgeräusche als Konzert. zwei Grundstimmungen: ein gleichberechtigtes Nebeneinander aller Geräusche, oder ein responsives Zueinander, beide Versionen sind aber Modi des Miteinander.
Das Stück "Waldgeräusche" nimmt Form an, als Material eine Liste von deutschen Verben, die Waldgeräusche bezeichnen.
Waldgeräusche sind fast alle sehr hoch, da schafft ein drüber fliegendes Flugzeug angenehmen Ausgleich.

3. Tag: 23. Bo: Das Zersplittern. Das Auseinanderreißen. Mit 6 auf erstem und 9 auf höchstem Platz.
Das Zeichen entspricht meiner körperlichen Verfassung, die mit dem Begriff Zersplitterung gut erfasst ist. Noch mehr zurücknehmen, nur noch da sein, Warten!

Bilanz:
- 10.15h bis 13.30h im Wald, davon ca. 45 Minuten spaziert, ansonsten gesessen, gelegen, auf Baumstumpf, im Auto.
Stimme ca. 30 Minuten aktiv, den Rest der Zeit gehört, gewartet.

Das Konzert: 
Am Abend um 20.30h das Konzert im Kölner Loft.

Playlist:
- "Mountain Greenery" als Stimmimprovisation mit aufgenommenen Waldgeräuschen zu Beginn.
- "I-Ging"  des ersten Tages mit Kommentaren
- Aufnahmen von "Storch und Rehbock"
- Textimprovisation mit den "Waldgeräusch"-Wörtern
- "Regen", meine Erlebnisse am Abend
- "Bergauf beschleunigen", Aufnahmen von meiner Stimme vom Wandern im Wald am Abend mit einer live- Improvisation.

- "I-Ging" des zweiten Tages mit Kommentaren
- "Rhythmen" Aufnahmen von tropfendem Wasser und Hammerschlägen
- "Escher Platt" Eine spontane Improvisation in meinem Heimatdialekt.
- "Nature boy", Aufnahmen aus dem Wald und eine Improvisation über den Song

- "I-Ging" des dritten Tages mit Kommentaren
- "Im Wald/an der Straße" Aufnahme


Wednesday 9 May 2012

The Dao Series


Ralf Peters: The Dao Series 


Unter dem Titel "The Dao Series" führe ich während meines "chinesischen  Jahres" eine Reihe von Performances durch, in denen ich mich mit Grundgedanken des chinesischen Daoismus beschäftige und sie in das Medium "Stimme", genauer, der Extended Voice umsetze.Hintergrund meiner "Dao Series" bildet meine Vermutung, dass sich im altchinesischen Denken Motive finden, mit denen das Phänomen der menschlichen Stimme adäquat erfasst werden kann und die ein starkes künstlerisches Potential für die ganze menschliche Stimme besitzen.Ich verstehe die "Dao Series" als Fortsetzung meiner künstlerischen Stimmerforschung mit Hilfe von Performances, bei denen ich mich in den vergangenen Jahren u.a. mit dem Faktor Zeit und seinem Einfluss auf den Stimmklang auseinandergesetzt habe. (2010 sind daraus die sieben­stündige Performance "SimplyCitySounds" in einer Galerie in der Kölner Südstadt und "Wellen", eine dreistündige Performance in der Deutzer Brücke entstanden.)
In den Performances der Dao Series werde ich mich für längere Zeit einer spezifisch daoistisch geprägten inneren und/oder äußeren "Umwelt" aussetzen, mich mit ihr so umfassend und intensiv wie möglich in Kontakt bringen und dann den Einfluss auf meinen Stimmklang in freien improvisierten "Konzert"-Phasen öffentlich erkunden.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Mir geht es nicht um eine chinesisch wirkende Ästhetik. Die Ergebnisse meiner Auseinandersetzung mit dem chinesischen Denken, die ich auf die "Bühne" bringen werde, haben nichts direkt Chinesisches.


english:
The Dao series is a series of performances that I will do during my chinese year 2012/2013. I will try to explore some old chinese ideas and look for possibilities to use them as an extended voice artist.  Behind this project lies the assumption that there are aspects of the daoistic thinking that can help to explore the human voice in an adequate way and which have a strong artistic potential.
In these performances I will put myself in an somehow daoistic environment, to bring myself and my voice in contact with it to find out what influence this will have on my voice.
I am not interested in an traditional chinese esthetics, I am not looking for something that sounds "chinese"! I use these chinese ideas as an european modern performance artist. 



The Dao Series No 1

18. bis 20. Mai, Eifel/ Loft
Konzert: Sonntag, 20. Mai, 20.30 Uhr im Kölner Loft
Wissmannstraße 30, Köln Ehrenfeld, Karten an der Abendkasse

"Berge und Täler sind die Maserungen der Natur; Pinsel und Tusche sind die Berührungspunkte mit der Landschaft und dem Grün; bewegt man, im Geiste von beidem erfüllt, die Pinselspitze, dann erfährt man grenzenlose Freude." Dieser Satz, der auf einem Bild des zeitgenössischen chinesischen Malers Zheng Mi geschrieben steht, enthält eine Idee des künstlerischen Prozesses,  die mich als Stimmperformer interessiert. In der altchinesischen Vorstellung wartet jenseits der rein handwerklichen Fertigkeiten nicht, wie im Westen, das Genie, das alles aus sich selbst nimmt, sondern das Eintauchen in eine Situation, aus der heraus sich der künstlerische Akt initiiert.Um diese Idee zu erforschen, werde ich mich vom 18. bis 20. Mai tagsüber in einem Waldstück in der Eifel aufhalten und die Atmosphäre der Landschaft aufnehmen – in einer Art und Weise, die es meiner Stimme erlauben soll, während der Zeit im Wald und danach im Konzert, von der Situation geprägt zu reagieren. In der Eifel werde ich zwischen Schweigephasen mit dem Fokus auf das Hören und den Atem und Phasen, in denen ich die Stimme bewege, wechseln. In den Stimmphasen lasse ich mich von zwei daoistischen Konzepten leiten:A) mit dem Faden/der Fadheit, das entgegen aller westlichen Vorstellungen von Stimmpräsenz, einen Boden bereiten soll, auf dem stimmlich alle Möglichkeiten als Potenzial bereit liegen.B) der Weg (dao) und das Nichteingreifen, d.h. ich will versuchen, meiner Stimme so weit wie irgend möglich die Entscheidung zu überlassen, welchem Weg sie klanglich folgen will.Der Teil der Performance, der in der Eifel stattfindet, wird ohne Publikum durchgeführt.Die genaue Form und Durchführung des Konzertes am Sonntag um 20.30 Uhr wird sich aus den Tagen davor ergeben.  Von einer freien Stimmperformance bis hin zur Collage mit Texten und Aufnahmen ist alles möglich.

                                                     A hidden art project